Zur Vorstellung des Berichts des Beauftragten der Bundesregierung für Ostdeutschland erklären Dr. Paula Piechotta und Stefan Gelbhaar, MdB:
„Der Bericht des Ostbeauftragten ist alarmierend und gibt Grund zur Sorge. Der Anteil der Bürgerinnen und Bürger, die mit den politischen Strukturen unzufrieden sind, steigt im inzwischen dritten Krisenjahr. Steigende Preise lösen bei kleinerem Wohlstandspuffer größere Ängste aus, es ist aber nicht der einzige Grund für die weiterhin messbaren Unterschiede zwischen Ost und West. Die Bundesregierung konzentriert sich mit ihren Entlastungspaketen auf Menschen mit geringen Einkommen, indem sie vor allem diese Menschen mit allen drei Entlastungspaketen unterstützt. Neben diesen kurzfristigen Maßnahmen ist es von zentraler Bedeutung, dass der Strukturwandel in Ostdeutschland gelingt, Arbeitsplätze gesichert werden, die Bevölkerungszahlen stabil bleiben und neue Wertschöpfungsketten im Osten entstehen. Dem dienen nicht nur die aktuellen Programme für Schwedt und Leuna, sondern vor allem auch die langfristigen Strukturförderungen für die Kohleregionen in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Auch das anwachsende Budget für den Ost-Beauftragten der Bundesregierung mit neuen Projekten wie dem Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation zeigt, wie zentral die gemeinsame Arbeit an einer höheren Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und einem noch besseren Zusammenwachsen von Ost und West für die Bundesregierung ist.
Der Ukraine-Krieg mit seinen geopolitischen Folgen bringt vor allem für viele Menschen in Ostdeutschland neue Ungewissheiten. Während viele im Westen an einen neuen Kalten Krieg denken, sehen Teile der Menschen im Osten eine Verhärtung der Fronten aufgrund der eigenen Erfahrungen auf der anderen Seite der Mauer und damit auch Sanktionen und Waffenlieferungen eher kritisch. In dieser Krise zeigt sich einmal mehr, dass uns die nicht ausreichend geführte Debatte über unsere geteilte Vergangenheit und gemeinsame Zukunft anfälliger macht für gesellschaftliche Spaltungen. Wir dürfen nicht zulassen, dass Extremist*innen aus dieser Krise politisches Kapital schlagen, denn die Stabilität demokratischer Institutionen ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass Ostdeutschland sich weiter positiv entwickeln kann.
Der Bericht des Ostbeauftragten zeigt vor allem auch: Die deutsche Einheit ist immer noch nicht vollendet. Aktuelle Projekte der Bundesregierung wie der Mindestlohn, das Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation und der dringend überfällige Härtefallfonds u.a. für DDR-Rentner*innen sind wichtige Schritte dafür. Aber allein politisch werden wir nicht zu einer vollständigen Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse kommen, hier braucht es gerade auch eine starke ostdeutsche Zivilgesellschaft.“